Kürzestgeschichte des Monats November 2020
Der Laubsauger
Wir leben im Grünen. In unserer Nachbarschaft hat sich ein Laubsauger eingenistet. Es handelt sich dabei nicht um eine weitere vom Aussterben bedrohte Tierart. Der Laubsauger ist im Gegenteil putzmunter und das nicht nur im Herbst, wenn die Blätter welken, von den Bäumen fallen und entsorgt werden wollen. Diese zusammenzurechen wäre die konventionelle Lösung, aber eine von gestern. Der Laubsauger ist stolzer Besitzer einer Maschine, die Lärm emittiert. Mit der saugt er das abgefallene, abgestorbene Laub auf. In der Regel spätabends oder frühmorgens. Er wird aktiv, wenn andere noch ruhen oder bereits den Feierabend genießen wollen. Und das nicht nur im Spätherbst. Auch im Frühjahr, Sommer und Winter streicht er mit dem heulenden Saugrüssel in der Hand um die Umzäunung des Eigenheims. Dann erwischt er manchmal ein Papierschnipsel oder eine Zigarettenkippe, die er selber weggeworfen hat. Ich glaube, es macht ihm Spaß. Eine Manie? Er braucht das wohl, sagen einige Nachbarn, wenn es ihnen zu viel wird. Aber wofür?, frage ich mich. Andere meinen, der Laubsauger setze mit seinem Tun die Direktiven seiner Frau um. Eine Art Beschäftigungstherapie, mit Verlaub gesagt. Ich hoffe nur, dass sich die Art nicht rasch vermehrt.